In der Wissenschaft werden immer häufiger organische Beschwerden mit Rückenschmerzen in Verbindung gebracht (Bordoni & Morabito, 2018; Smith et al., 2008). Da das Risiko Rückenschmerzen zu erleiden durch vorhergehende viszerale Operationen signifikant erhöht ist (Brinkers et al., 2021), bedarf es spezielle Behandlungsformen für diese Art von Patienten. Mit diesen, von den Organen übertragenen, Rückenschmerzen beschäftigt sich die viszerale Osteopathie.
Hintergrund
Das Risiko an Rückenschmerzen zu leiden steigt laut Brinkers et al. (2021) durch vorhergehende Operationen an Organen um über 47%, womit ein deutlicher Zusammenhang hergestellt werden kann. Besonders Eingriffe an Darm, Gallenblase, Leber, Gebärmutter und Eierstöcke scheinen eng mit Rückenschmerzen in Verbindung zu stehen.
Aber nicht nur Operationen, sondern auch Infektionen zum Beispiel des Urogenitaltrakts können Auslöser für Rückenschmerzen sein (Foxman, 2002; Masajtis-Zagajewska und Nowicki, 2017).
Viele Patienten, welche ihre Therapeuten in erster Linie auf Grund ihrer Rückenschmerzen konsultieren, haben ihre organische Beschwerden aber häufig nicht als Auslöser ihres Problems in Verdacht. Das liegt eventuell daran, dass Patienten diese Art von Operationen oft viele Jahre vor dem Auftreten Ihrer Rückenschmerzen hatten und diese als „verjährt“ ansehen. Wichtig dabei ist aber, dass Rückenschmerzen nicht unmittelbar nach einer Operation auftreten müssen, sondern sich häufig stark zeitlich verzögert (teilweise bis zu 10 Jahre) manifestieren (Brinkers et al., 2021).
In klinischen Beobachtungen konnte gezeigt werden, dass die Erregung der Nerven betroffener Organe reflektorisch auch zu Veränderungen der zugehörigen Gewebe und Wirbelsäulenabschnitte führen kann. Dazu gehören für den Osteopathen oft deutlich wahrnehmbare Veränderungen der Haut wie Temperaturunterschiede, Feuchtigkeit, Schwellung, Struktur, Konsistenz und Verschieblichkeit. Aber auch myofasziale Veränderungen können auftreten, wie zum Beispiel ein erhöhter Muskeltonus und Gewebeveränderungen der tiefen Faszienschichten (Jänig, 2014).
Insbesondere die Palpation nach Gewebespannung ist ein Schlüsselfaktor für die Diagnostik in der Osteopathie.
Osteopathie bei Rückenschmerzen
Die manualtherapeutische Behandlung der Organe und derer faszialen Strukturen kann für Betroffene ein Weg sein, diese Schmerzen positiv zu beeinflussen (Panagopoulos et al., 2015; Tozzi et al., 2011, 2012).
Die viszerale Osteopathie bietet dafür einen möglichen Ansatz und diverse Erklärungsmodelle, welche aktuell Gegenstand der Forschung sind.
Referenzen:
Bordoni, B., & Morabito, B. (2018). Symptomatology Correlations Between the Diaphragm and Irritable Bowel Syndrome. Cureus. https://doi.org/10.7759/cureus.3036
Brinkers, M., Wander, R., Kretzschmar, M., Rothkötter, H.-J., & Pfau, G. (2021). Erhöhen viszeralchirurgische Eingriffe das Risiko, an Rückenschmerzen zu erkranken? Deutsche Zeitschrift für Akupunktur, 64(2), 108–112. https://doi.org/10.1007/s42212-021-00387-4
Foxman, B. (2002). Epidemiology of urinary tract infections: Incidence, morbidity, and economic costs. The American Journal of Medicine, 113 Suppl 1A, 5S-13S. https://doi.org/10.1016/s0002-9343(02)01054-9
Jänig, W. (2014). Neurobiologie viszeraler Schmerzen. Der Schmerz, 28(3), 233–251. https://doi.org/10.1007/s00482-014-1402-x
Masajtis-Zagajewska, A., & Nowicki, M. (2017). New markers of urinary tract infection. Clinica Chimica Acta; International Journal of Clinical Chemistry, 471, 286–291. https://doi.org/10.1016/j.cca.2017.06.003
Panagopoulos, J., Hancock, M. J., Ferreira, P., Hush, J., & Petocz, P. (2015). Does the addition of visceral manipulation alter outcomes for patients with low back pain? A randomized placebo controlled trial: Does visceral manipulation alter low back pain outcomes? European Journal of Pain, 19(7), 899–907. https://doi.org/10.1002/ejp.614
Smith, M. D., Russell, A., & Hodges, P. W. (2008). How Common Is Back Pain in Women With Gastrointestinal Problems? The Clinical Journal of Pain, 24(3), 199–203. https://doi.org/10.1097/AJP.0b013e31815d3601
Tozzi, P., Bongiorno, D., & Vitturini, C. (2011). Fascial release effects on patients with non-specific cervical or lumbar pain. Journal of Bodywork and Movement Therapies, 15(4), 405–416. https://doi.org/10.1016/j.jbmt.2010.11.003
Tozzi, P., Bongiorno, D., & Vitturini, C. (2012). Low back pain and kidney mobility: Local osteopathic fascial manipulation decreases pain perception and improves renal mobility. Journal of Bodywork and Movement Therapies, 16(3), 381–391. https://doi.org/10.1016/j.jbmt.2012.02.001